Alle Wahlen wieder dasselbe Spiel:
In der Wahlberichterstattung der meisten großen Medien spielen neue und kleine Parteien fast keine Rolle.
Besonders negativ in dieser mehr als zweifelhaften Disziplin tut sich hier stets der ORF hervor.
Wenn man sich als unbedarfter Bürger alleine auf die Zeit im Bild verlassen würde, dann müsste man glauben, dass in Niederösterreich nur 5 Parteien zur Wahl antreten.
In der Sendung vom 23.02.2013 sind einzig die im Nationalrat vertretenen (!) Listen, die auch in NÖ kandidieren, erwähnt worden.
Besonders gegenüber den Mutbürgern und ganz besonders gegenüber der KPÖ, welche in 13 bzw. 19 Wahlkreisen die Kandidatur geschafft haben, ist das eine bodenlose Frechheit.
Doch auch CPÖ und Piraten sollten – gerade von einem öffentlich-rechtlichen Sender – erwähnt werden.
In Kärnten dasselbe Spiel in gelb-weiß-rot:
Abstruserweise dürfen auch hier nur die 6 im Nationalrat vertretenen Parteien in der TV-Elefantenrunde des Landes-ORF diskutieren. Und das, obwohl in Kärnten mit der LPÖ (Lebenswerte-Partei), der ASOK (Allianz soziales Kärnten) und den Piraten sogar 3 weitere Parteien die landesweite Kandidatur geschafft haben.
So ein Verhalten ist für jedes seriöse Medium, ganz besonders aber für ein öffentlich-rechtliches, unter jeder Kritik und völlig jenseitig!
Objektivitätspflicht bleibt eben ein reiner Papiertiger, wenn sich das größte Medium des Landes ebenso im Würgegriff der heutigen Parlamentsparteien befindet wie alle 3 Staatsgewalten (Exekutive, Legislative und Judikative).
Die ORF-Verantwortlichen müssen „spuren“, sonst bekommen sie mit den politisch Verantwortlichen Probleme.
Objektiverweise – ich nehme dieses journalistische Grundprinzip sehr ernst – muss man aber auch erwähnen, dass es selbst beim ORF Lichtblicke gibt: Gerade das Landesstudio Niederösterreich hat in seiner Berichterstattung auch immer wieder die kleinen Parteien erwähnt, wenn auch knapp bemessen.
Ein weiteres, positives Beispiel hat die Kleine Zeitung in Kärnten abgeliefert:
Sie hat eine Podiumsdiskussion von ALLEN 9 landesweit kandidierenden Listen veranstaltet.
Generell habe ich in der aktuellen Wahl-Berichterstattung Print-Medien (reine Online-Medien sowieso) als deutlich objektiver wahrgenommen als TV-Sender.
Grundsätzlich gilt die Faustregel: „Je kleiner das Medium, desto objektiver – und desto gleicher verteilte Aufmerksamkeit für alle politischen Gruppierungen“.
In Niederösterreich fallen mir hier zum Beispiel spontan Radio SOL, Tips (total regional) oder die Bezirksblätter (siehe hierzu auch meine Artikel auf meinbezirk.at) ein. Selbst die NÖN – sonst als Fast-ÖVP-Medium bekannt – haben ziemlich fair über alle Listen berichtet.
Außerdem möchte ich in Niederösterreich noch das Politikforum Baden erwähnen, das eine Podiumsdiskussion von 8 Jugendkandidaten der einzelnen Listen in NÖ veranstaltet hat.
Was kann und muss jeder einzelne tun, um diese heute unbefriedigende Situation zu verbessern:
- Medien oder andere Quellen lesen oder schauen, die möglichst objektiv über ALLE kandidierenden Listen bei einer Wahl berichten
- Aktiv recherchieren (Internet oder im Bekanntenkreis), welche Listen kandidieren und natürlich auch, welche Inhalte sie vertreten
- Informationen, gerade über kleine Listen, die von vielen Medien „geschnitten werden“, aktiv im Bekanntenkreis verbreiten
- Protest-Leserbriefe an Medien schreiben, die Informationen über bestimmten Gruppierungen oder bestimmte Inhalte unterdrücken – inkl. Weiterverbreitung dieser Infos in Facebook, Internet-Foren, Blogs, per E-Mail oder mündlich
Auch Lob bei guter Berichterstattung an die Medien verteilen und dem Bekanntenkreis mitteilen
Ich habe die Totschweige-Problematik kleiner Parteien schon seit Jahren auf meinem persönlichen Radar. Und jede Wahl, wo diese wieder auftritt motiviert mich umso mehr, noch entschiedener für eine Veränderung einzutreten.
Und wenn es gelingt, dass das mehr Menschen tun, dann ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis über alle politischen Gruppierungen ausreichend berichtet wird.
Einen ganz wichtigen Beitrag zu diesem Ziel leistet auch die IG Faires Wahlrecht (Interessensgemeinschaft für ein faires Wahlrecht in Österreich), in der sich aktuell 7 neue Initiativen zusammengeschlossen haben. In dieser sind sowohl Öneu (Initiative Österreich NEU), in welcher ich federführend tätig bin, als auch ich persönlich engagiert.
Abschließender Tipp:
Auf http://www.wahlinformation.at/ gibt es viele Info zu allen in Niederösterreich und Kärnten kandidierenden Listen und noch mehr.
kritisch-konstruktiv 02/28/2013 07:30