Mein letzter Blog zu Star-Trek ist ja erst wenig Wochen alt, erfolgt zum 55. Jahr-Jubiläum der Urserie.
Meine letzte große Jubiläums-Würdigung ist aber schon einige Jahre her.
Und zur 4. Star-Trek-Realserie, Enterprise (ENT), habe ich bislang noch nie etwas geschrieben.
Jetzt ist es aber soweit.
Eckpunkte
Enterprise ist die Nachfolge-Serie von Voyager und ist von 2001 bis 2005 entstanden.
Sie ist die letzte Serie des 4 Star-Trek-Serien dauernden Zyklus von 1987-2005.
Anders als ihre 3 unmittelbaren Vorgänger „The next Generation“ (TNG), „Deep Space Nine“ (DS9) und eben Voyager (VOY) spielt sie nicht im 24. Jahrhundert, sondern im 22. Jahrhundert, also sogar rund 100 Jahre vor der im 23. Jahrhundert angesiedelten Ur-Serie.
Im Kern dreht sich Enterprise um den Aufbruch der Menschheit ins Weltall und in weiterer Folge mit dem Finden eines Platzes im Universum, der letztlich auf die Gründung der „Vereinigten Föderation der Planeten“ hinaus läuft.
ENT ist also ein Prequel innerhalb der Star-Trek-Universums. Hintergrund ist der, dass die Serienmacher nach 3 jeweils über 170 Episoden umfassenden Serien im 24. Jahrhundert die Erzählmöglichkeiten für spannende Geschichten so ausgereizt gesehen haben, dass sie einen Zeitsprung machen wollten, wovon sie mehr neue Erzählstränge versprochen haben.
Was die Serie für mich auszeichnet
Den Aufbruch der Menschheit ins Weltall finde ich spannend. Und genau dieser ist das Herzstück von Staffel 1.
Dabei offenbaren sich große Parallelen zu Voyager, die ja ebenfalls in Staffel 1 in völlig unbekannten Gegenden des Weltraums unterwegs ist und Schiff samt Besatzung sich dort behaupten und ihren Platz finden müssen.
Generell sehe ich einige konkrete Elemente und Abläufe speziell zwischen Voyager und Enterprise ähnlich:
• Der erwähnte Aufbruch ins Unbekannte und das Behaupten dort in Staffel 1
• Staffel 2 als die jeweils schwächste beider Serien
• Eine hohe und auf ähnlichem Niveau befindliche Qualität der Serien, die aber von beiden nicht ganz an TNG oder DS9 heran reicht, welche für mich allerdings gemeinsam mit Babylon-5 die3 besten Science-Fiction-Serien aller Zeiten sind.
• Leider aber auch so einiges verschenkte Potential, dazu kommen wir aber später.
Gut gefallen hat mir in Enterprise die Vulkanierin T'Pol als 1. Offizier und Führerin der Menschen durch die unbekannten Weiten des Weltalls – die für Vulkanier eben deutlich weniger unbekannt sind.
Das war für die Crew bei sehr vielen Gelegenheiten hilfreich, bei einigen Gelegenheiten hat dann allerdings auch die Enterprise den Vulkaniern geholfen – was schon ein starker Fingerzeig in Gründung der Föderation war.
Was mir an und für sich überhaupt nicht gefallen hat und vor allem in Staffel 3 zu sehen war:
Folter.
Und zwar Folter durch den Captain der Enterprise eines Gefangenen, um von diesem Informationen zu bekommen.
Was mir aber dann wieder sehr gut gefallen hat war, dass gerade Archer in Staffel 4 sehr ernüchtert, kurzzeitig depressiv und letztlich selbst reflektiert in Bezug auf seine Taten ist.
Und:
Die Rettung der Menschheit in Staffel 3 war nur durch Kooperation mit dem damals angenommenen Erzfeind, den Xindi, möglich. Wobei Menschen wie Xindi für ihrer beiden Rettung einen hohen Preis bezahlt haben.
Die Staffel 3 von Enterprise ist sowieso ein Unikum, als dass es um 1 große Mission geht, die Rettung der Menschheit vor einem Feind, welche in einem weit entfernten Gebiet des Weltalls spielt.
Last but not least:
ENT hat einiges zur Schlüssigkeit und Kontinuität innerhalb des Star-Trek-Universums beigetragen:
Von wichtigen Entwicklungen bei den Vulkaniern bis hin zu den Gentech-Übermenschen und der menschlichen Optik der Klingonen im 23. Jahrhundert.
Was mir an der Serie missfällt
Enterprise ist die erste Post 9/11 Star-Trek-Serie. Und die Einflüsse vom 11. September und dem „Krieg gegen den Terror“ merkt man der Serie deutlich an.
Gerade in Staffel 3 wird dieser überdeutlich:
Die ganze Kriegs- und Rache-Rhetorik der Verantwortlichen gegenüber den Xindi, die Erde überfallen haben.
Folter eines Gefangenen, Kaperung wichtiger Ausrüstungsgegenstände anderer Schiffe – das sind sehr dunkle Handlungen, die vom Post-9-11-Geist geprägt sind und die man in früheren Star-Trek-Serien so noch nie gesehen hat.
Aber eben – wie oben beschrieben – ist das nur die 1 Seite, die andere Seite ist die der Selbstreflexion und Selbstkritik.
Und so etwas haben wir von den Verantwortlichen in der echten Welt zu den Post-9-11-Kriegen kaum gehört – wenn überhaupt.
Und die Vulkanier werden fast 3 Staffeln als eine Art Bösewichte, als Gegner und Störenfriede im eigenen Haus dargestellt.
Jetzt ist das etwas, das nicht uninteressant und auch nicht unlogisch. Denn im Hintergrund geht es um eine Schlüssel-Entwicklung bei diesen, welche eben erst gegen Ende der Serie erfolgt und vieles logisch erscheinen lässt – um in der Diktion der Vulkanier zu bleiben ;-)
Allerdings wird diese intellektuelle außerirdische Spezies dabei schon sehr platt und übertrieben dargestellt.
Das hätte man auch mit der feineren Klinge erzählen können – und sollen.
Und dann noch:
Noch mehr als Voyager hat auch Enterprise Möglichkeiten vergeben:
- Staffel 2 ist ein Tiefpunkt der Serie und ihre Qualität in allen Star-Trek-Serien von 1987-2005 nur mehr von den Staffeln 1 & 2 von TNG unterboten.
Remakes anderer Star-Trek-Episoden oder sogar Kinofilmen auf bescheidenen Niveau und ohne erkennbares Ziel für die Serie.
- Kein Erzählen der Gründung der Föderation – das wäre doch gerade ein Hauptgrund gewesen, um die Serie in dieser Zeit spielen zu lassen.
- Keine großen Innovationen im Story-Telling gegenüber den Vorgängern, sondern nur „More of the Same“.
Abgeschlossen wird mein Negativ-Kapitel noch mit der Schluss-Episode:
Diese macht nicht nur einen doch unvermittelten Zeitsprung von 10 Jahren, es gibt zudem auch einen völlig unnötigen Tod von Chefingenieur und bestem Freund des Captains Charles Trip Tucker.
Vor allem aber wird der Besatzung eine echte Enterprise-Abschlussepisode durch die Serienmacher verwehrt, indem diese als Holodock-Simulation der TNG-Figuren Commander Riker und Counsellor Troi dargestellt wird.
Mein Fazit zu Enterprise
ENT ist im Star-Trek-Zyklus von 1987-2005 die relativ gesehen schwächste Serie, aber dennoch wirklich gut.
Ich sehe sie in eben in mehrfacher Hinsicht „geclustert“ mit Voyager, gerade auch von der Qualität.
Wobei Voyager für mich von der Qualität die Nase leicht vorn hat.
Enterprise allerdings bietet für mich, vor allem in den Staffeln 3 und 4, die bessere Innovativität.
Es gibt Licht und Schatten, aber definitiv mehr Licht. Ich würde diese Serien jedenfalls nicht missen wollen.
Als tiefere Botschaft kann ich vielleicht interpretieren, dass man zwar nicht davor gefeit ist, dem Zeitgeist zu verfallen, der gerade mit 9/11 und dem „Krieg gegen den Terror“ sehr bedenklich, ja gefährlich sein kann.
Allerdings verfügen Menschen grundsätzlich auch über Selbstreflexionsfähigkeit und können lernen.
Ich würde mir wünschen, dass wir Menschen in unseren Gesellschaften das noch mehr als die ENT-Besatzung tut und klar gegen autoritäre Tendenzen mit Überwachungs- und Polizeistaat – und in jüngster Vergangenheit auch klaren Ansätzen einer Corona-Gesundheitsdiktatur – Bewusstsein entwickeln und dagegen auftreten.
Alle, die politisch nicht interessiert sind, haben auch heute noch mit Enterprise ein wirklich interessantes Stück Star-Trek und Science-Fiction, das ich empfehlen kann, es anzuschauen.