Die Ankündigung und Rücknahme der Schließung des Red-Bull-Fernseh-Senders ServusTV hat letzte Woche sehr hohe Wellen in Österreich und darüber hinaus geschlagen.
Über Hintergründe der Doch-Nicht-Schließung und über Abhängigkeiten besonders von Fernseh-Sendern habe ich schon in meinem fischundfleisch-Artikel geschrieben.
In diesem Blog-Eintrag befasse ich mich mit kommerziellen Aspekte, durch die der defizitäre Sender die „Kurve kriegen“ kann.
Marktstruktur der & Synergien in der deutschsprachigen Fernseh-Landschaft
Im deutschsprachigen Raum gibt es 3 wichtige TV-Sender-Gruppen:
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Öffentlich-rechtliche wie ARD, ZDF, ORF, SRG, sowie Regionalsender.
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Zur RTL-Gruppe gehörende Sender, also RTL, RTL2, Super RTL, VOX, ntv, …
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Zur PRO7-SAT1-Gruppe gehörende Sender, also PRO7, SAT1, Kabel1, sixx, Puls4, ...
Daneben gibt es noch weitere, Sender, die entweder einzeln oder in kleinen Gruppen operieren. Zu diesen gehört auch ServusTV.
Konzern-Größe oder vielmehr zahlreiche Kooperations- und Synergie-Möglichkeiten zwischen Sendern im selben Konzern haben sich aber als ein wichtiges Erfolgskriterium heraus kristallisiert. Und das fehlt den klein-strukturierten Stationen natürlich.
Erfolgsfaktor Digitalisierung
Zeitgleich mit der ServusTV-Posse habe ich eine ganz andere Meldung aus der Medien-Szene entdeckt: Nämlich, dass das Digital-Geschäft der PRO7-SAT1-Gruppe rasant wächst.
Vor allem der große Erfolg von Netflix & Co in jüngerer Vergangenheit, dass preisgekrönte und auch bei Fernseh-Sendern begehrte Eigenproduktionen (allen voran „House of Cards“) macht, zeigt, wie sich die Gewichte weg vom klassischen Fernsehen hin zu Online-Angeboten verschoben haben.
Und gerade bei den großen Sender-Gruppen gibt es zahlreiche interessante und auch erfolgreiche Online-Angebote.
Digitale und andere Kooperationen
Ein zentraler Erfolgsfaktor für ServusTV ist daher das Schließen von vielfachen Kooperationen mit anderen Fernseh-Sendern außerhalb der großen Konzern-Konglomerate – online wie offline.
Welche Kooperationen meine ich?
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Als Kombination der beiden Erfolgsfaktoren „Kooperation“ & „digital“ natürlich einmal eine gemeinsame Mediathek, in der die Sendungen zahlreicher Fernsehsender gebündelt werden.
Die RTL-Gruppe hat so etwas mit TV-NOW, die PRO7-SAT1-Gruppe mit 7TV.
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Ganz wichtig: Die beiden großen Privatsender-Gruppen verfügen über Gemeinschaftsunternehmen zur Werbe-Vermarktung. Auch die „unabhängigen“ Sender sollten hier ein Joint-Venture zur gemeinsamen Vermarktung ihrer Werbe-Angebote gründen.
Gerade die Sender von Herbert Kloiber (Tele5, ATV 1+2) und ServusTV würden sich thematisch sehr gut ergänzen und ein attraktives Gesamtpaket ergeben.
Mit noch kleineren Nische-Sendern (eoTV, Anixe, ...) wird das sicher nicht ganz so einfach, besonders auch, da diese derzeit fast alle von Goldbach-Media vermarktet werden, aber dennoch ist auch das möglich.
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Bessere Vermarktung von Eigenproduktionen bei VoD-Anbietern (Video-on-Demand). VoD erlebt derzeit gerade einen Boom und es gibt neben Platzhirsch Netflix noch viele weitere, teilweise sogar von globalen Medien-Konzernen unabhängige Unternehmen.
Das ist 1 zentrale Möglichkeit, um mit den eigenen Inhalten auf digitalen Kanälen Geld zu verdienen.
Zusätzlich zu VoD-Aktivitäten als einzelner Sender könnte man auch hier Kooperationen mit anderen Fernsehanstalten prüfen.
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Auch Performance-orientierte Online-Angebote sollten zumindest überlegt werden. PRO7-SAT1 ist z.B. mit Online-Shops und Reise-Angeboten digital richtig erfolgreich.
Nachjustierungen beim Programm zu mehr Breite
Das Programm von ServusTV gefällt mir grundsätzlich gut und es bekommt von vielen Seiten Lob dafür, recht anspruchsvoll zu sein und teilweise schon Informations- und Bildungs-Aufgaben von öffentlich-rechtlichen Sendern zu übernehmen. Zu Recht!
Genau das ist aber ein Problem für die Reichweite, da Masse und Klasse meist nicht zusammen gehen. Daher gehört hier nachjustiert.
ServusTV sollte daher ein bisschen „populistischer“ werden, aber seinen anspruchsvolleren Grundansatz, der schon das Markenzeichen ist, beibehalten.
Und gerade teure Eigenproduktionen, für die es keine wirkliche Weiter-Verwertung gibt (z.B. auf VoD-Plattformen oder anderen TV-Sendern), wird es wohl Einschnitte geben müssen. Ich denke da besonders an das Frühstücks-Fernsehen.
Sowohl bei der Eigenproduktion von Sendungen, als auch bei deren Verwertung gehören aus meiner Sicht ebenfalls verstärkt Kooperationen sondiert. Damit könnten sowohl Produktions-Kosten gesenkt, als auch Vermarktungsmöglichkeiten verbessert werden.
Fazit
ServusTV ist ein interessanter Fernsehsender, der sichvon privaten Mitbewerbern und auch von ORFeins positiv abhebt.
Soweit ich es beurteilen kann, hat sich der Sender aber noch nicht auf einige Entwicklungen im digitalen Bereich eingestellt.
Weiters leidet er darunter, eben nicht in eine große Sender-Gruppe eingebunden zu sein. Daher gehören mit anderen Unternehmen, die in der selben Situation sind, umfangreiche Kooperationen geschlossen.
Hoffentlich führt das zum Erfolg. Die österreichische Fernseh-Landschaft würde ein Weiterbestehen von ServusTV bereichern.