Nach 1 Jahr Pause ist es jetzt wieder an der Zeit, einen großen Saison-Rückblick der Skispringen zu machen. Und da genau heute, am 15.07.2016 der Sommer -GP der Skispringer startet, passt die Veröffentlichung heute perfekt..
Neben den Herren widme ich mich dabei auch den Damen und den Mannschaften wesentlich ausführlicher als bei den letzten Malen.
Tops
Wer waren für mich die besten Skispringer in der Saison 2015/2016 bei Herren, Damen und Mannschaften?
Herren:
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Der mit Abstand beste Springer war diese Saison natürlich Peter Prevc. Abgedroschener, aber zutreffender Spruch: Er hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gab, Vierschanzentournee, Gesamtweltcup, Skiflug-Weltcup & Skiflug-WM. Darüber hinaus hat er im Weltcup neue Rekorde an Saison-Siegen und Punkten aufgestellt. Fantastisch, fast unübertreffbar.
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Nr. 2 ist für mich Severin Freund. Grund: Mit Platz 2 ist er zum 3. Mal hintereinander im Gesamt-Weltcup unter den Top-3. Vor allem auch als 2. zum 1. Mal auf dem Podium der Vierschanzen-Tournee-Gesamtwertung.
Im Dezember 2015 war er mit Peter Prevc sogar noch auf Augenhöhe. Durch die Nachwirkungen seines Sturzes in Innsbruck hat er sicher das Maximum heraus geholt, das heuer für ihn möglich war.
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Der drittbeste Springer ist ein Neuling in der Weltspitze: Der Norweger Kenneth Gangnes. Bisher für mich einfach ein Springer, der nur dabei statt mitten drin war, hat er heuer den Durchbruch geschafft: Platz 3 im Gesamt-Weltcup, 1. Einzel-Weltcup-Sieg und natürlich die Silber-Medaille bei der Skiflug-WM am Kulm. Und bei der Vierschanzen-Tournee hat er als 4. das Podium auch nur knapp verpasst.
Das war einfach nur stark.
Damen:
Bei den Damen muss ich vorausschicken, dass es heuer kein Großereignis (WM oder Olympia), sondern „nur“ den Weltcup gegeben hat.
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Noch klarer als bei den Herren Peter Prevc hat bei den Damen die Japanerin Sara Takanashi den Skisprung-Weltcup dominiert. 14 von 17 Bewerbe gewonnen. Dazu noch in rund jedem 3. Sprung einen neuen Schanzenrekord aufgestellt. Und an dieser Stärke haben sich auch die Konkurrentinnen die Zähne ausgebissen. Fantastisch, allerdings noch durch eine oder mehrere Einzelmedaillen bei Großereignissen in den kommenden Jahren übertreffbar.
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Die Österreicherin Daniela Iraschko-Stolz hat sich eine weitere Saison an der Weltspitze gehalten. Platz 2 im Gesamt-Weltcup mit 2 Einzel-Siegen ist richtig stark. Wenn man die Zeit, als der Kontinental-Cup die höchste Liga im Damen-Skispringen war, dazu zählt, dann hat Österreichs Nummer 1 zum insgesamt 9. (!) Mal die Saison unter den Top-3 einer Gesamtwertung abgeschlossen. Beeindruckend!
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Sloweniens tolle Saison wird bei den Damen durch Maja Vtic abgerundet. Sie hat definitiv einen Schritt nach vorne gemacht und sich nach Platz 8 im Vorjahr heuer mit Platz 3 im Gesamt-Weltcup und 1 Saison-Sieg (noch dazu zu Hause in Ljubno) in der Weltspitze etabliert. Starke Steigerung!
Mannschaften:
Bei den Mannschaften ist für mich die Wahl der Besten einfach:
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Bei den Herren ist das Norwegen.
Zusätzlich zu Kenneth Gangnes hat Trainer Alexander Stöckl auch noch Johann-Andre Forfang und Daniel-Andre Tande in den Top-10 und damit in der Weltklasse etablieren können. Auch weitere Norweger haben gute Leistungen gezeigt.
Logische Folge waren die Goldmedaille im Mannschafts-Bewerb der Skiflug-WM und der Sieg im Nationen-Weltcup.
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Bei den Damen ist Österreich dieses Jahr die Nummer 1.
Als einzige Nation hat die Alpenrepublik heuer 3 Athletinnen unter die Top-5 des Gesamt-Weltcups gebracht und auch insgesamt die meisten Punkte geholt.
Beim Mannschaftsbewerb eines Großereignisses wäre die Truppe von Trainer Andreas Felder nur schwer zu schlagen gewesen.
Aufsteiger
Auch wenn es viele tolle Leistungen gegeben hat, so haben in meinen Augen 4 Athleten bzw. Teams besonders große Leistungssteigerungen gezeigt.
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Bei den Herren ist das Kenneth Gangnes.
Der Norweger ist nach 2 schweren Verletzungen schon vor dem sportlichen Aus gestanden, hat sich zurück gekämpft und ist beim Comeback direkt in die Weltspitze gesprungen. From Zero to Hero könnte man da in Anlehnung an Damon Hill sagen.
Und mit dieser Vorgeschichte vergönnen ihm wohl auch alle Nicht-Norweger den Erfolg.
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Bei den Damen hat Chiara Hölzl den größten Sprung nach vorne gemacht.
Nach Gesamt-Weltcup-Platz 17 im Vorjahr hat sie die heurige Saison auf Platz 5 abgeschlossen. Sie hat es bei fast allen Bewerben unter die Top-10 geschafft und auch 2 Podiums-Plätze errungen. Aus dem Küken der WM 2013 in Val di Fiemme ist heuer ein Jungstar geworden.
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Als Herren-Mannschaft hat Norwegen heuer beindrucken können.
Natürlich sind die „harten“ Daten schon sehr stark, mit den Siegen im Nationen-Weltcup und bei der Skiflug-WM. Am beeindruckendsten ist für mich aber, dass die Wikinger das mit einer stark verjüngten Mannschft geschafft haben. Denn Anders Bardal und Anders Jacobsen sind zurück getreten, und der Vorjahres-Weltmeister Rune Velta war wegen Formschwäche fast nicht im Weltcup-Team.
Diese große Stärke in einer ebenso großen Breite kommt schon nahe heran an die österreichischen Super-Adler in ihrer besten Zeit.
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Den größte Steigerung bei den Damen-Mannschaften sehe ich in Österreich – auch wenn die Sloweninnen sich ebenfalls sehr gut entwickelt haben.
Dennoch: Zusätzlich zum „Fixstern“ Daniela Iraschko-Stolz hat Jacqueline Seifriedsberger zu alter Stärke zurück gefunden und Chiara Hölzl sitzt den Besten auch schon im Nacken. Trotz Rückschritts bei Eva Pinkelnigg in der oft so schwierigen 2. Saison haben sich auch Nachwuchs-Kräfte im Weltcup etabliert.
Die Österreicherinnen können nur hoffen (bzw. sich dafür einsetzen), dass es bei der WM nächsten Jahr auch bei den Damen einen Mannschafts-Bewerb gibt.
Flops & Absteiger
Natürlich hat es aber auch unerfreuliche, sportliche Leistungen im Skispringen gegeben. Welche genau?
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Bei den Herren gibt es für mich 3 große Saison-Verlierer:
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Rune Velta, der letztes Jahr noch sensationell Skispring-Welmeister in Falun geworden ist, ist heuer überhaupt nicht in tritt gekommen und fast nur im Kontinental-Cup, der 2. Liga des Skispringens, gesprungen.
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Gregor Schlierenzauer hat heuer auch nie wirklich Luft unter die Ski bekommen, bei den Wettbewerben üblicherweise die Top-10 oder sogar den 2. Durchgang verfehlt und die Saison noch während er Vierschanzen-Tournee abgebrochen. Zu dieser „schwarzen Saison“ passt auch sein Skiunfall mit Kreuzbandriss.
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Kamil Stoch ist die letzten beiden Saison Weltmeister und Olympiasieger geworden, dazu hat er den Gesamtweltcup auf den Plätzen 1 & 2 abgeschlossen. Heuer ist es allerdings überhaupt nicht gelaufen bei ihm. Ähnlich wie Gregor Schlierenzauer ist auch er normalerweise an den Top-10 oder sogar an der Qualifikation für den 2. Durchgang gescheitert.
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Bei den Damen gibt es für mich 2 große Saison-Verliererinnen:
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Carina Vogt ist in der abgelaufenen Saison ein ähnliches Schicksal wie Kamil Stoch widerfahren. Nach Olympia-Sieg und WM-Titel hat sie mit der Weltspitze heuer nicht mithalten können. Immerhin hat sie es aber einige Male unter die Top-10 geschafft.
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Deutlich schlechter hat es die ehemalige WM- und Olympia-Medaillen-Gewinnerin Coline Mattel erwischt, die es nicht einmal unter die Top-20 im Gesamt-Weltcup geschafft hat.
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Bei den Herren-Mannschaften sehe ich 2 große, 1 mittelgroßen und 1 kleinen Verlierer:
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Für die Finnen war 2015/2016 eine weitere Katastrophensaison. Die stolzen Skandinavier haben sogar schon mit der Qualifikation für die Bewerbe zu kämpfen gehabt. Vor 10 Jahren haben sich noch die Skisprung-Welt dominiert.
Mit dem österreichischen Trainer Andreas Mitter wollen sie in Zukunft wieder Anschluss finden.
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Auch Russland hat diese Saison keine Erfolge erringen können. Und momentan sind auch weder Routiniers noch Nachwuchs-Hoffnungen ist Sicht, um die Situation zu verbessern.
Vielleicht versuchen auch sie mit einem Trainer-Wechsel neue Impulse zu setzen.
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Die Polen haben in der jüngeren Vergangenheit nicht nur durch Kamil Stoch im Einzel brillieren können, sondern auch mannschaftlich einige Erfolge erzielt. Heuer war das anders und die ganze Mannschaft hat einen erheblichen Rückschritt gemacht. Zumindest die Qualifikation für die Wettbewerbe und auch etliche Top-20 Ergebnisse haben die Polen aber geschafft.
Auch in Polen soll mit Stefan Horngacher ein österreichischer Trainer den Karren wieder flott machen.
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Auch die Österreicher muss man zu den kleinen Verlierern zählen. Trotzdem Michael Hayböck (Highlight: Platz 3 bei der Vierschanzen-Tournee) und Stefan Kraft (Highlight: Bronze-Medaille am Kulm) stark gesprungen sind, hat der Rest des Teams nicht überzeugen können. Und mit Platz 4 in der Nationen-Wertung hat es die rot-weiss-rote Mannschaft zum 1. Mal seit 19 Jahren nicht unter die Top-3 geschafft.
Da es aber zusätzlich zu den 3 Ex-Vierschanzentournee-Siegern Gregor Schlierenzauer, Andreas Kofler und Thomas Diethart auch noch einige Nachwuchs-Hoffnungen beim ÖSV, so stehen die Chancen gut, dass die Österreicher zukünftig wieder besser abschneiden.
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Bei den Damen-Mannschaften sehe ich 2 Saison-Verliererinnen:
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Nicht nur Carina Vogt, sondern auch ihre Team-Kolleginnen sind heuer deutlich schwächer gesprungen, als die letzten Jahre. Deutschland hat somit den größten Rückschritt bei den Damen gemacht und keine Athlethin unter die besten 10 im Gesamt-Weltcup gebracht.
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Auch die USA, die früher Weltmeisterinnen und Weltcup-Serien-Siegerinnen gestellt haben, können an diese Erfolge derzeit nicht mehr anschließen. Durch die Serien-Verletzungen ihrer Nr. 1 Sarah Hendrickson und dem Rücktritt von Lindsey Van ist die Situation natürlich schwierig, noch schwieriger, da auch Jessica Jerome nicht einspringen hat können.
Lichtblick für die USA ist allerdings die junge Nita Englund.
Außergewöhnliches & Schlussworte
Abgesehen vom üblichen „Tagesgeschäft“ und seiner Nachbetrachtung, so sind in der Saison 2015/2016 noch 2 besonders außergewöhnliche Dinge passiert und 1 persönliches Erlebnis:
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Der Österreicher Lukas Müller ist beim Einfliegen auf der Flugschanze am Kulm schwer gestürzt und hat eine inkompletter Querschnittslähmung erlitten.
Gott sei Dank hat er sich den Umständen entsprechend schon wieder sehr gut erholt und ist nach intensiver Rehabilitation sogar wieder in der Lage, eingeschränkt zu gehen.
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Der slowenische Ski-Hersteller Elan, der unter anderem die beiden letztjährigen Saison-Dominatoren Petr Prevc und Sara Takanashi ausgerüstet hat, hat sich bedauerlicherweise aus dem Sprungsport zurück gezogen.
Dennoch möchte ich mich an dieser Stelle für die langjährigen Unterstützung Elans für den Skisprung-Sport herzliche bedanken!
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Ich habe heuer im oberösterreichischen Hinzenbach auch mein 1. Damen-Skispringen live gesehen und darüber einen Bericht geschrieben.
Und wer den Bericht und die Foto-Story liest, wird sehen, dass und warum es mir gut gefallen hat.
Obwohl heute der Sommer -GP los geht freue ich mich auf jeden Fall schon sehr auf den „richtigen“ Saisonstart in Klingenthal und werde mir auch heuer sicher wieder viele Bewerbe einer meiner Lieblingssportarten anschauen :-)